Wir sind nur überlebensfähig, wenn wir Scheuklappen aufsetzen. Tun wir das nicht, prasselt zu viel auf unsere Sinne und unseren Verstand ein. Meistens sind wir stumpf und alles andere als erleuchtet. Aber manchmal gibt es diese hellsichtigen Momente, in denen wir erkennen, was für ein himmelschreiender Unsinn uns umgibt. Das Chaos und die Ungereimtheiten sind so immens, dass wir nicht verstehen können, wie unsere Mitmenschen sich so gedankenverloren und selbstsicher da hindurch bewegen können. In diesen Momenten sind wir uns unserer eigenen Scheuklappen aber genauso wenig bewusst wie im Alltag, wenn wir sie tragen. Im einen Fall nehmen wir sie aus Gewöhnung nicht wahr, im anderen Fall können wir sie uns gedanklich nicht wie gewohnt aufsetzen. Einsicht und Blindheit sind also unvereinbar; man ist entweder im einen oder im anderen Zustand. Das ist die Kalamität: Ist man im Alltagsfluss fehlt die nüchterne Hellsicht, ist man im Zustand der Erkenntnis, kann man nicht handeln. Nicht einmal die Erinnerung an den anderen Zustand gelingt. Heurekas werden im Alltag zu Kalendersprüchen, praktische Weisheiten und natürliche erscheinen in der Reflexion als Torheiten. Aus diesem Grund sind alle Gurus Schwindler: Immer, wenn sie ihre Einsichten vermarkten, sind sie zwangsläufig nicht im Zustand der Erleuchtung. Erleuchtung erfolgt immer in der Einsamkeit.
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